🪞 Selbstbild, Alter, Wandel

Bleiben. Weil das Leben noch wartet.

Ich heiße Karoline. Ich bin im besten Alter – irgendwo zwischen Abschied vom Berufsleben und leiser Vorfreude auf das, was danach kommt. Es ist die Zeit, in der man beginnt, Bilanz zu ziehen. Und in meinem Fall: nochmal ganz neu zu sortieren.

Denn vor gar nicht allzu langer Zeit stand ich vor der Entscheidung für das Leben. Oder für das Aufgeben.
Mein Körper hat gestreikt. Ganz plötzlich.
Nierenversagen. Kammerflimmern. Kreislaufzusammenbruch.
Ich bin einfach umgefallen.

Und dann: Stille.
Nicht das große Licht. Keine Stimmen. Keine Engel. Nur… nichts.

Die moderne Medizin hat alles aufgeboten, was sie hat.
Intensivstation. Dialyse. Fachärzteteams.
Mein Leben hing an einem seidenen Faden. Und ich? Ich war nicht bei Bewusstsein.

Doch irgendwann war sie da – die Entscheidung für das Leben.
Nicht laut. Nicht gestellt. Kein „Karoline, willst du bleiben oder gehen?“
Sie war einfach da. Still. Klar.
Die Frage aller Fragen.

Keine Angst. Kein Gefühl.
Nur Entscheidung.

Ich habe mich entschieden.
Für das Bleiben. Für das Leben.
Für mich. Für meine Kinder. Für meinen Mann.
Für all das, was da draußen noch wartet – auch wenn ich nicht mehr dieselbe bin wie vorher.

Der Preis war hoch.
Ich habe viel verloren:
Ein Stück Selbstständigkeit. Beweglichkeit. Sicherheit.
Mein Körper ist nicht mehr der, der er einmal war.
Ein Handicap, das bleibt.
Ein Alltag, der sich neu geordnet hat.

Doch ich habe auch etwas gewonnen.
Ein anderes Sehen. Ein neues Maß.
Und einen unerschütterlichen Willen, mein Leben nicht nur weiterzuführen – sondern ihm Bedeutung zu geben.

Diese Entscheidung für das Leben war kein einmaliger Moment.
Sie ist eine tägliche Wahl.
Immer wieder.

Manchmal denke ich an meine Mutter.
Sie starb genau in meinem Alter.
Sie hatte sich auf die Rente gefreut.
Sechs Monate hat sie sie erlebt.

Ich denke oft daran, wie viel Lebenszeit sie nicht mehr hatte – und wie viel ich geschenkt bekam.
Das ist kein Pathos.
Das ist eine stille Tatsache.

Ich bin noch hier.
Und das heißt: Ich habe eine Aufgabe. Vielleicht sogar mehrere.

Heute schreibe ich. Ich frage. Ich erzähle.
Nicht, weil ich die Antworten kenne.
Sondern weil ich gelernt habe, wie wichtig es ist, die richtigen Fragen zu stellen – bevor es zu spät ist.

Ich weiß jetzt, wie zerbrechlich alles ist.
Und wie tief man fallen kann – um dann zu sagen:
Ich bleibe.
Weil das Leben noch wartet.

🕊️ Neue Gedanken gefällig?

Wenn du möchtest, schicke ich dir eine E-Mail,
sobald ein neuer Beitrag auf zwischenmenschlichgedacht erscheint.

Kein Newsletter. Kein Marketing.
Nur ehrliche Texte über das Leben – persönlich, klar, manchmal unbequem.

🪶 Trage dich ein und lies mit

Kein Spam. Keine Werbung. Jederzeit abbestellbar.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit Herz geschrieben, mit einem Augenzwinkern geteilt. Und wenn du lachen oder nachdenken musst – dann war’s genau richtig.
Impressum | Datenschutzerklärung