
Wenn Rücksicht leise wird – und Lärm zur neuen Normalität
Es gibt Themen, über die man angeblich nicht spricht.
Kinderlärm zum Beispiel. Wer sich darüber beklagt, wird schnell als kinderfeindlich abgestempelt oder belächelt.
Aber ich tue es trotzdem. Weil es irgendwann reicht. Und weil auch Rücksicht ein Teil von Menschlichkeit ist.
Ich habe viele Jahre lang Kinder begleitet – im eigenen Zuhause, in der Familie, im Freundeskreis.
Ich weiß, wie laut, lebendig, chaotisch ein Garten voller kleiner Menschen sein kann. Und ich habe es nie als Problem empfunden – solange das Lachen über dem Kreischen lag. Solange da ein Erwachsener war, der sich kümmert. Der dazwischengeht. Der auch mal Stille ermöglicht.
Was ich heute erlebe, ist anders.
Es ist ein Dauerlärm, ein zielloses, ungefiltertes Schreien, Toben, Schmeißen – jeden Tag, über Stunden. Kein Spiel. Kein Ziel. Keine Grenze.
Die Kinder schreien nicht, weil etwas passiert – sie schreien, weil niemand reagiert.
Die Eltern?
Die sitzen im Haus, werfen überwachungskamerageführte Blicke nach draußen. Mehr nicht. Keine Bewegung. Kein Eingreifen.
Man kann dabei zusehen, wie Verantwortung gegen Kontrolle getauscht wurde. Und Fürsorge gegen Abwesenheit.
Was mich besonders betroffen macht:
In diesem Garten werden lebende Tiere – kleine Kaninchen – durch die Gegend geworfen.
Nicht aus Grausamkeit. Aus Gedankenlosigkeit. Aus fehlender Anleitung. Kein Respekt. Keine Vorsicht.
Die Kinder wissen es nicht besser – aber die Erwachsenen schweigen. Und das ist das eigentliche Problem.
Ich bin nicht die Einzige, die darunter leidet.
Auch andere Nachbarn haben das Gespräch gesucht – was zur Folge hatte, dass der Vater mit Schlägen drohte.
Kein Dialog. Kein Nachdenken. Nur Abwehr.
Und dann steht da auch noch diese dichte Hecke – aus Kirschlorbeer, einer hochgiftigen Pflanze. In einem Garten mit Kleinkindern.
Ich habe keine Worte mehr für diese Sorglosigkeit. Oder vielleicht doch: Asozialität beginnt dort, wo andere dauerhaft ignoriert werden. Und das Mitgefühl – selbst für Tiere – keine Rolle mehr spielt.
Ich weiß nicht, was aus diesen Kindern wird.
Ich hoffe, dass sie irgendwo irgendwann jemanden begegnen, der ihnen zeigt:
Stille ist wertvoll.
Tiere sind Lebewesen.
Und echte Freiheit braucht einen Rahmen.
Ich habe lange gezögert, das aufzuschreiben.
Nicht, weil ich übertreibe – sondern weil es schwierig geworden ist, solche Dinge anzusprechen, ohne gleich als herzlos zu gelten.
Aber ich glaube, es ist notwendig.
Nicht aus Groll. Sondern weil ich möchte, dass wir wieder genauer hinschauen.
Auf Kinder. Auf Tiere. Aufeinander.
Wann wurde es eigentlich normal, dass jeder nur noch für sich lebt – und niemand mehr für das, was uns verbindet?

